Kungel ist Pofalla

Man erinnert sich: Unser Artikel „Lobby ist Pofalla“ hat damals etwas Wirbel ausgelöst, insbesondere auch, in wie weit wir diejenigen, mit denen wir Gespräche führen wollen, vorher argumentativ in die Ecke stellen müssen. Nun: In der Politik ist eine solche Gangart bekannt. Wer einem Parteikollegen sagt, dass er „seine Fresse nicht mehr sehen kann“ und sich später dafür entschuldigt, muss dieses meinungsfreiheitliche Recht des Ausrastens auch anderen zugestehen, insbesondere wenn auch diejenigen sich später für die Wortwahl entschuldigen. „Lobby ist Pofalla“ kann natürlich noch ergänzt werden um „Kungel ist Pofalla“.

Folgende Meldung der DVZ vom 8.2.2017 gibt dazu Anlass:

„Die Deutsche Bahn legt Umwelt- und Lärmschutzaufgaben wieder in eine Hand: Seit 1. Februar 2017 ist Andreas Gehlhaar, Leiter des Umweltbereiches, zusätzlich Lärmschutzbeauftragter im Konzern.
In der neuen Verantwortung bündelt Gehlhaar, 45, die Aktivitäten der DB zur Lärmminderung und entwickelt verbindliche Umsetzungsstrategien für die Geschäftsfelder. Den Umweltbereich der DB leitet er seit 1. Juni 2016. Zuvor war der Volkswirt von 2009 bis 2013 Büroleiter des Chefs des Bundeskanzleramts, Ronald Pofalla. Bis 2016 verantwortete er als Gruppenleiter im Kanzleramt die Bereiche Kabinett, Parlament, Bund-Länder-Beziehungen sowie auch Umwelt und Verkehr. Gehlhaar löst in der Funktion Ines Jahnel ab. (ici)“

Bisher konnte man der Auffassung sein, dass zumindest die sogenannten Beauftragten eines Unternehmens trotz interner disziplinarischer Unterstellung eine fachliche Unabhängigkeit haben, die zumindest dahin geht, die Einhaltung der den Fachbereichs berührenden Gesetze, Verordnungen und Richtlinien einzufordern. Ob der neue Lärmschutzbeauftragte sich fachlich gegenüber seinem Gönner durchsetzen kann oder auch will, scheint bei den personell bereits durchgesetzten Veränderungen (Rechtsabteilung, Sicherheitsbereich, Umweltbereich) sehr fraglich zu sein.

Nachdem nun auch der Vorstandsvorsitzende der Bahn an der Frage, ob sein Vertrag um 3 oder 2 Jahre verlängert wird, gescheitert ist, kann man nur vermuten, dass jemand mit den Hufen scharrt und nicht 3 Jahre warten will. Dabei kann man es doch für sinnvoll erachten, einer aus einem fremden Fach kommenden Person eine längere Ausbildung in den technisch und wirtschaftlich schwierigen Fragen des Konzerns und der noch (! siehe Antrag der Grünen) dazugehörigen DB-Netze AG. Da kommt gerade recht eine Petition von WeAct, die einen „Bahnvorstand mit Sachverstand“ einfordert und an der jeder teilnehmen kann..

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